Anno


Obere Reihe mittig: Heinrich IV, links Sohn Konrad, rechts Sohn Heinrich V. (aus: Wikipedia, Datei:Heinrich im Evangeliar von St. Emmeram.jpgus:
Obere Reihe mittig: Heinrich IV, links Sohn Konrad, rechts Sohn Heinrich V. (aus: Wikipedia, Datei:Heinrich im Evangeliar von St. Emmeram.jpgus:

Kurze Einleitung und Inhaltsangabe


Heinrich IV, 1050 bis 1106, aus dem Haus der Salier. Er ist mit der Gegend Worms / Speyer eng verbunden; die Familiengruft befindet sich im Dom von Speyer. Er übernahm die Regentschaft von seinem Vater, Heinrich III., und damit auch den unter seinem Vater entfachten Investiturstreit, bei dem es letztlich um die Frage ging, ob der Papst oder der deutsche König (und Kaiser) die Vorherrschaft hat. Dieser Streit wurde noch unter dem Solhn von Heinrich IV., Heinrich V., fortgesetzt, endete dann aber mit einer Einigung, die letztlich ein Nachgeben des weltlichen Herrschers gegenüber der Kirche bedeutete.

 

Die Geschichte um Anno spielt in dieser Zeit. Sie beginnt mit den  - die Regentschaft von Heirnich IV. andauernden -  Sachsenkriegen und endet mit der Übernahme der Regentschaft durch Heinrich V.  Thematischer Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung der weltlichen und kirchlichen Gewalten.

 


1. Es war zu jener Zeit, als Recht nur das Recht desjenigen war, der die Macht hatte, sein Recht zu erzwingen. Es war eine düstere Zeit, in der der Glaube eine Frage der Macht war. Es war die Zeit, in der weltliche Macht aber auch kirchliche Macht geteilt waren, von mehreren beansprucht. Es war eine düstere Zeit.

 

Zu dieser Zeit lebte Anno. Anno hat die Bedeutung von „der wie ein Adler herrscht“ oder „der kleine Adler“. Wo (und wann) er geboren wurde, wusste niemand, wahrscheinlich er selbst auch nicht. Auch ist nicht bekannt, wer ihn den Namen gab. Er gehörte zu dem fahrenden Volk, war mal hier und mal dort.

 

2. Erstmals tauchte Anno in der Geschichte im Jahre 1075 auf. Es war die Zeit, als der Salier Heinrich IV. König war, die Zeit der Sachsenkriege, provoziert nicht letztlich auch durch die „Beugehaft“ des Billunger Magnus. In 1073 kam es zu dem sächsischen Aufstand gegen Heinrich IV, in deren Folge Heinrich IV. fliehen musste und gegen den Widerstand des Bischofs von den Wormsern aufgenommen wurde, die ihm auch militärischen Beistand gaben.

 

Just zu dieser Zeit hielt sich Anno in Worms auf. Er war in der Menge, die dicht gedrängt im Bereich des Brunnens stand, als Heinrich IV. mit einigen Rittern durchritt. Er hörte die aufmunternden Zurufe der Bewohner und schaute sich um. Sollte er wieder seinen Taschenspielertrick anwenden um etwas zu erhaschen ?

 

Im Gedränge merkte Anno nicht, wie er immer weiter nach vorne gedrängt wurde. Konzentriert auf die Rocktasche seines Nachbarn erhielt er plötzlich von hinten einen Schlag, dass er nach vorne taumelte und fiel. Erschreckt aufblickend sah er, dass er  direkt vor einem Pferd zu Fall gekommen war. Dieses bäumte sich etwas hoch, konnte aber von seinem Reiter schnell unter Kontrolle gebracht werden.

 

Anno sah auf dem Pferd einen Mann, etwa in seinem Alter, also ca. 25 Jahre. Er hatte eine Ritterrüstung an, den Helm ab und sein welliges Haar flatterte im Wind.. Die Blicke des Reiters und von Anno kreuzten sich. Es schien Anno, als ob sie sich minutenlang ansahen und dabei alleine mit dem Blickkontakt kommunizierten. Er sah in den Augen des Reiters keine Verärgerung darüber, dass jemand durch seinen Fall den Weg versperrte.

 

Langsam raffte sich Anno auf und ging zur Seite. Der Reiter und die nachfolgenden Ritter trabten wieder an, der Reiter wandte noch im Vorbeireiten seinen Blick auf Anno. Dann winkte er einen hinter ihm Reitenden zu sich.

 

Anno schaute dem Tross, wie auch die anderen Bürger noch nach, als sich plötzlich der von dem Ritter gerufene Reiter mit seinem Pferd umwandte und zurück ritt. Anno wandte sich um und wollte gehen. Trotz des Lärmens der ihn Umgebenden konnte er gleichwohl den scharfen Ton des Reiters vernehmen.

 

„Bleib stehen !“

 

Anno überlegte, ob er schnell in der Menschenmenge versuchen sollte unterzutauschen. Aber die höhere Sitzposition des Reiters gab diesem Vorteile, und wenn er losgaloppieren sollte, wären auch noch Dritte betroffen. So  entschied er sich, sich langsam zum Reiter umzudrehen, der auch bereits bei ihm angelangt war. Es hatte sich für den Reiter eine Furt in der menge gebildet. Die Umstehenden blickten gespannt auf Anno und den Reiter.

 

„Wer bist Du ?“

„Wer seit Ihr ?“

 

Der Reiter, auch in Rüstung aber ohne Helm, den er in dem Arm trug, schien zu erzürnen. Sein Gesicht lief rot an. Was erdreistete sich der Angesprochene, auf seine Frage mit einer Gegenfrage zu reagieren ?

 

Der Reiter blieb aber äußerlich ruhig.

 

„Ich bin Graf Konrad von Werl. Und nun – wer bist Du und von wo bist Du ?“

„Anno. Ich lebe überall, derzeit im Gasthof Zum Anker.“

Konrad von Werl lachte laut auf.

„So sieht heute ein Erzbischof aus ?“

Der Graf schien sich vor Lachen kaum halten zu können, wandte sein Pferd unvermittelt um und ritt zum Tross zurück.

  

Es war die erste Begegnung, die Anno mit dem gleichaltrigen König Heinrich IV hatte, dem Ritter, vor dessen Pferd er stürzte.

 

3. Es wurde das Jahr 1076 geschrieben. Zur Zeit der Synode und des Reichstags befand sich Anno wieder in Worms. Es war Abend. Anno stand vor dem Gasthof zum Anker. Sein Magen knurrte. Aber er hatte nicht genügend eingenommen, um sich ein Essen leisten zu können. So sah er dem Treiben auf der Straße zu  -  und wartete wohl auch insgeheim auf eine günstige Gelegenheit, zugreifen zu können. Plötzlich wurde er von der Seite angesprochen.

 

„Bis Du Anno ?“

„Ja, wieso ?“

„Folge mir.“

 

Neben Anno stand ein junger Mann, gekleidet wie ein Knappe. Ohne auf eine Antwort von Anno zu warten, wandte er sich um und ging. Anno zückte mit den Schultern und folgte dem Knappen. Sie gingen durch schmale Gassen. Es war kalt, Winter. Da Anno nicht sonderlich dicke Kleidung hatte, fror er. Anders der Knappe vor ihm. Fell umhüllte ihn.

 

Vor einem Haus hielt der Knappe kurz an, pfiff und die Haustür wurde geöffnet. Er ging rein. Anno folgte ihm. Im Hausflur standen Knappen mit Talglampen, in denen Tierfett verbrannt wurde,, die beide  - vorne weg gehend -  begleiteten. Sie durchquerten den Flur, dann einen Hof< und gelangten in ein anderes Gebäude, dort in einen großen und hohen Raum. Der Knappe gebot Anno nur kurz im Befehlston zu warten.

 

Anno blieb alleine. An den Wänden brannten Kienspäne Nach Ansicht von Anno sind sie über ein Seitengebäude in ein Hauthaus gegangen. Was sollte das ?

 

Nach kurzer Zeit öffnete sich eine Tür. Anno staunte nicht schlecht, als er in dem nun Eintretenden jenen Ritter wieder erkannte, vor dessen Pferd er gefallen war und von dem ihm später andere erklärten, es wäre Heinrich IV., der König, gewesen.

 

Anno verbeugte sich sofort tief. Er wusste nicht: Verbeugen, auf die Knie gehen, hinwerfen ? Ja, am liebsten hätte er sich hingeworfen und wäre versunken.

 

„Kennst Du mich noch ?“

„Ja, Herr.“

„Hast Du Hunger ?“

„Ja, Herr.“

„So soll es gut sein. Kommt mit mir und habe Teil an einem kleinen Abendmahl.“

 

Heinrich ging wieder zu der Tür zurück, aus der er gekommen war. Anno beobachtete es, immer noch tief gebeugt, aus den Augenwinkeln, richtete sich auf und ging nach. Hinter der Tür wurde der König von zwei Knappen mit Leuchtern empfangen, die vor ihm in einen anderen Raum gingen. Dort stand ein langer Tisch, reicht gedeckt mit Fleisch aller Sorten, und Karaffen mit Wein.

 

„Setz Dich, Heute sind wir alleine. – Weg mit euch.“

 

Die Knappen verließen den Raum.

 

Anno griff sofort zu. Eine Hasenkeule. Nach zwei Bissen hielt er inne  -  hatte er etwas falsch gemacht, gegen irgendeine ihm nicht bekannte Etikette verstoßen. Er  sah auf. Am anderen Tischende saß Heinrich, er lächelte.

 

„Also, weshalb ich Dich geholt habe. Es war die Vorsehung. Gerade als ich mir überlegte, wer mich beraten könnte, mit wem ich über meine Probleme sprechen könnte, fielst Du vor mein Pferd. Als ob die Prophezeiung sagen wollte: Hier ist Er.“

 

„Und dann habt Ihr nach mir geforscht.“

„Du hast Graf Konrad Deinen Namen  -  ein mir nicht unbedingt genehmer Name -   gesagt und gesagt, wo Du bist. Leider warst Du am nächsten Tag nicht mehr da. Jetzt habe ich es erneut versucht, erfolgreich. – Woher kommt Dein Name ?“

„Ich weiß es nicht, Herr. Ich werde so gerufen.“

„Sei es drum. Willst Du mich beraten ?“

„Herr, ich weiß nicht, ob ich Euch beraten kann. Ihr habt sicherlich weise Männer, die dies besser können.“

 

Heinrich fuhr mit einen solchen Schwung hoch, dass Anno nicht nur das Zubeißen vor Schreck vergaß, sondern auch der Stuhl des Königs laut polternd nach hinten umflog. Die rechte hand Heinrichs griff nach dem mit Wein gefüllten Krug, hob ihn hoch und schmiss sie an die Wand hinter Anno, wo sie laut zerbarst. Anno drehte sich kurz um, schaute dann wieder Heinrich an, immer noch mit der rechten Hand die Keule direkt vor seinem Mund haltend, allerdings ohne hinein zu beißen.

 

Heinrich und Anno befanden sich an den entgegengesetzten Enden des  langen Tisches. Nach dem Wurf ging nun Heinrich um den Tisch herum zu Anno. Dieser ließ vor Schreck die Keule sinken.

 

Heinrich trat hinter Anno, fasste ihn fest mit beiden Händen an den Schultern.

 

„Helf mir.“

„Wie soll ich Euch helfen, kenne ich doch nur meine Probleme. Ich kenne nicht Eure Probleme noch kenne ich mich mit dem Führen eines Volkes aus.“

„Das ist gut so. Du gehst richtig daran. Nur der Verstand kann hier helfen. Und der Verstand ist die Vernunft. Nicht die Kenntnis des Heutigen, sondern die Anwendung der Geistes ist unsere Hoffnung.“

„Aber ihr habt Berater, wie z.B. Graf Konrad.“

 

Heinrich lächelte.

 

„Ja, ich habe viele Berater. Wohl auch erfahrene und weise Berater. Aber jeder weiß seinen eigenen Vorteil mit dem Rat zu verbinden. Ich aber muss auf den Vorteil für das Reich achten.“

„Der Vorteil des Reichs ist auch Euer Vorteil.“

 

Heinrich setzte ließ seine Hände von den Schultern Annos abgleiten und setzte sich auf einem Stuhl neben diesen, ihn tief eindringend ansehend.

 

„Ist das Wohl von mir nicht immer auch das Wohl des Reichs ?“

„Seit Ihr das Reich ?“

„Ich herrsche über das Reich. Ich bin verantwortlich für das Reich. Also sind mein Wohl und das Wohl des Reichs eine Einheit.“

„Nehmt Euch doch einmal heraus. Ist dann das Reicht nicht mehr ?“

„Alle Fürsten wollen hier das Sagen haben. Und der Klerus tut das seine, um dies gegen die Reichinsignien zu stützen. Wenn also ich nicht bin, ist eine Vielfalt da, keine Einheit.“

„Aber ihr sagt doch schon heute, das alle Fürsten das Sagen haben wollen. Also steht Ihr gegen die Fürsten, und wohl auch gegen den Klerus. Und: Vor Euch gab es auch das Reich. Wieso sollte es dies also ohne Euch nicht mehr geben ?“

„Weil der Klerus das Sagen haben will. Aber es kann nur einer entscheiden: Der Kaiser. Und das bin ich.“

„Und wer hat Euch dazu ernannt ?“

„Gott. Und deshalb muss auch die Investitur von uns vollzogen werden.“

„Lassen sich denn Herrscheramt und Priesterwürde miteinander verbinden ?“

„Schau sie Dir doch an, wie gut sie damit leben. Und die weltliche Ordnung ist doch nur eine Folge der göttlichen.“

„Sehr Euch vor. Weltliche Herscherrwürde und das Priesteramt sind zwei nicht ineinandergehende Gebilde.“

„Oh, bist Du aus Cluny ? Ja, das wird dort gepredigt. Aber es ist unehrlich. Denn was will der Papst, der Heuchler Hildebrand ? Er will bestimmen. Er will über dem König und Kaiser stehen.  Nein, das kann nicht sein. Es gibt weder die Vorherrschaft des Klerus noch die Möglichkeit eines Gleichstandes. Das Reich muss regiert werden. Und dies ist nur durch einen  möglich, nicht durch zwei. Und der eine ist der König und Kaiser.“

„Also weltliche Herrschaft ohne geistliche Bestimmung ?“

„Nein, weltliche Herrschaft mit geistlicher Bestimmung. Aber die Geistlichen müssen im Zölibat leben  -  wie Jesus. Der war auch nicht verheiratet. Er hatte auch keine direkten Erben. Wird also einem Kleriker ein Lehen gegeben, fällt es zurück. Der Kleriker wird dem Ganzen, nicht sich selbst dienen.“

„Und die Käuflichkeit der Ämter ?“

„Warum nicht ? Das Reich braucht Einnahmen.“

 

Anno schwieg. Dann fragte er:

 

„Worin soll ich Euer rat sein ?“

„In allen. Ich brauche jemanden, mit dem ich mich aussprechen kann. Ich kann hier niemanden vertrauen. Alle sind nur auf ihren persönlichen Vorteil aus. Ich habe in Deine Augen gesehen. Du willst leben, und das sollst Du. Solange ich bin, lebst Du gut.“

 

Noch am gleichen Abend wurden die wenigen Habseligkeiten von Anno von einem Knappen aus dem Gasthaus geholt. Anno erhielt einen Raum in dem Gebäude, in dem er sich mit Heinrich getroffen hatte, und auch neue Kleider. Es war nun auch äußerlich deutlich, dass er zum Hof gehörte.

 

4. Anno war verzweifelt. Wie sollte er Heinrich von seinem Vorhaben abbringen ? Heinrich IV. wollte mit den versammelten Bischöfen Hildebrand, seit 1075 Papst Gregor VII., ehemals Mönch in Cluny, absetzen.

 

„Macht das nicht. Der Papst muss und wird reagieren.“

„Was will er machen, wenn er abgesetzt ist ? Dann setze ich einen neuen Papst ein. Ebenso wie ich entgegen seinen Willen in Mailand einen Erzbischof einsetzte.“

„Er wird Euch absetzen.“

„Bist Du seiner Auffassung, dass weltliche und kirchliche Macht getrennt sind und die kirchliche der weltlichen vorgeht. Hier: Das von ihm verfasste Dictatus Papae:           

I.

Dass die römische Kirche vom Herrn allein gegründet worden sei.
II.
Dass allein der römische Bischof zu Recht als universal bezeichnet werde.
III.
Das ausschließlich jener Bischöfe absetzen oder in den Schoß der Kirche wieder aufnehmen könne.
IV.
Dass sein Legat allen Bischöfen auf einem Konzil übergeordnet sei, auch wenn er einen niedrigeren Weihegrad besitzt, und dass er gegen diese ein Absetzungsurteil fällen könne.
V.
Dass der Papst Abwesende ihres Amtes entheben könne.
VI.
Dass wir mit von jenem Exkommunizierten unter anderem nicht in demselben Haus bleiben dürfen.
VII.
Dass es jenem allein gestattet ist, entsprechend dem Erfordernis der Zeit neue Gesetze zu schaffen, neue Gemeinden zu bilden, aus einer Kanonie eine Abtei zu machen und umgekehrt sowie ein reiches Bistum zu teilen und arme zu vereinigen.
VIII.
Dass er allein kaiserliche Insignien benutzen könne.
IX.
Dass alle Fürsten allein des Papstes Füße küssen sollen.
X.
Dass allein sein Name in den Kirchen verlesen werde.
XI.
Dass dieser Name einzigartig ist in der Welt.
XII.
Dass es jenem erlaubt sei, Kaiser abzusetzen.
XIII.
Dass es jenem gestattet sei, bei zwingender Notwendigkeit Bischöfe von einem Sitz auf einen anderenzu versetzen.
XIV.
Dass er jeden beliebigen Kleriker aus der ganzen Kirche weihen könne.
XV.
Dass ein von jenem Geweihter einer anderen Kirche zwar vorstehen, aber nicht dienen kann, und dasser von keinem anderen Bischof einen höheren Weihegrad empfangen darf.
XVI.
Dass keine Synode ohne seine Anweisung als allgemein bezeichnet werden darf.
XVII.
Dass kein Rechtssatz und kein Buch ohne seine Autorität als kirchenrechtlich verbindlich gelten solle.
XVIII.
Dass sein Urteil von niemandem widerrufen werden dürfe und er selbst die Urteile aller widerrufen könne.
XIX.
Dass er selbst von niemandem gerichtet werden dürfe.
XX.
Dass es niemand wage, jemanden zu verdammen, der an den apostolischen Stuhl appelliert.
XXI.
Das die größeren Rechtsfälle einer jeden Kirche an ihn übertragen werden müssen.
XXII.
Dass die römische Kirche niemals geirrt hat und nach dem Zeugnis der Schrift auch fürderhin niemals irren wird.
XXIII.
Dass der römische Bischof, falls er auf kanonische Weise in sein Amt eingesetzt wurde, durch die Verdienste des seligen Petrus unzweifelhaft heilig wird, nach dem Zeugnis des heiligen Bischofs Ennodius von Pavia, dem viele heilige Väter zustimmen, wie es in den Dekreten des seligen Papstes Symmachus überliefert ist.
XXIV.
Dass es auf seinen Befehl und mit seiner Erlaubnis Untergebenen gestattet sei, Anklage zu erheben.
XXV.
Dass er ohne eine synodale Zusammenkunft Bischöfe absetzen oder in den Schoß der Kirche wieder aufnehmen könne.
XXVI.
Dass derjenige nicht für katholisch gehalten werde, der nicht mit der römischen Kirche übereinstimmt.
XXVII.
Dass er Untergebene vom Treueid gegenüber Sündern lösen kann.“

 

Was sagt Du dazu ?“

„Es ist der Anspruch auf die weltliche Macht.“

„Ja, und deshalb muss ich ihn absetzen.“

„Nein, macht das nicht. Er wird Euch exkommunizieren. Dann werdet ihr Schwierigkeiten haben, Eure weltliche Macht zu behaupten. Seit Jahrhunderten wurde uns das Christentum als einzig wahre Religion benannt. Wer seit Ihr, dass Ihr exkommuniziert leben könnt ?“

„Will mich ein Niemand exkommunizieren ?“

 

Heinrich stand auf.

 

„Komm mit und siehe, wie ich nunmehr die Bereinigung vornehme.“

 

Heinrich IV. hatte am 24. Januar 1076 auf der Wormser Synode die zwei Erzbischöfe von Trier und Mainz sowie 24 weitere Bischöfe veranlasst, sich gegen Gregor VII. als Papst auszusprechen. Sie warfen ihm vor, entgegen den Papstwahldekret ins Amt gekommen zu sein und zudem den Eid gebrochen zu haben, sich niemals zum Papst wählen zu lassen.

 

Gregor VII. reagierte im Februar 1076 unverzüglich, nachdem der die Nachricht des Beschlusses mit einem Schreiben von Heinrich IV. erhielt. Auf der Fastensynode in Rom am 22. Februar 1076 erklärte er Heinrich IV. als König abgesetzt und exkommunizierte ihn. Er begründete dies damit, Heinrich IV wäre ein Verächter des christlichen Glaubens, Verwüster der Kirchen und des Reiches sowie Anstifter und Genosse der Ketzer. Gleichzeitig sanktionierte er auch die Erzbischöfe und Bischöfe, die sich auf die Seite von Heinrich IV. gestellt hatten.

 

5. Anno saß schweigend auf einem Schemel. Ihm gegenüber, auf einen größeren, auf einer Empore stehenden Stuhl, Heinrich IV.

 

„Sag was. Und wenn Du nur sagst, ich habe es gewusst.“

„Ich ahnte es, ich wusste es nicht, Herr.“

„Und was soll ich jetzt machen ? Meine Feinde nutzen die Exkommunikation. Sie versuchen sich den Schwindel von Hildebrand zu ihren Gunsten zurecht zu legen. Alle kommen sie jetzt wieder aus ihren Mauselöchern.“

„Ihr hättet es vorher bedenken müssen.“

 

Sie sahen sich an. In den Augen von Heinrich flackerte es unbeherrscht. Er wollte keine Belehrung durch Anno, sondern einen Rat.

 

„Ihr müsst jetzt zunächst wieder den Papst versöhnen. Ohne dies könnt ihr nicht weiter regieren. Als nächstes wird ein neuer König ausgerufen.“

„Wie soll ich mich denn mit Hildebrand einigen ?“

„Ich habe nichts von Einigung gesagt. Schaut, ich lebte auf der Straße, war immer abhängig von anderen, musste mich diesen unterwerfen, Abbitte tun. Genau das müsst Ihr jetzt auch tun. Ich müsst nach außen erkennbar als Büßer bei Papst Gregor auftreten.“

„Als Büßer ? Wir, der Herrscher ?“

„Ja Ihr, so ihr weiter herrschen wollt. Wenn Ihr Papst Gregor versöhnt habt, könnt Ihr Euch wieder um das Reich kümmern.“

 

Heinrich IV. konnte sich nicht entschließen, dem Rat zu folgen. Doch die Überlegungen von Anno trafen ein. Die Herzöge Welf von Bayern, Rudolf von Schwaben und Berthold von Kärnten sammelten Mitstreiter gegen Heinrich IV.. Sie vereinigten sich mit den gegen Heinrich nach wie vor opponierenden Sachsen und mit Anhängern von Gregor VII. Heinrich VII. wurde übermittelt, das er entweder bis zum Jahrestag der Exkommunizierung sich von diesem Bann befreien könne oder nicht mehr als Herrscher angesehen werde.

 

„Anno, sag mir, wie ich mich jetzt verhalten soll. Ich kann keinen Kampf gegen alle meine Widersacher führen.“

„Das sollte Ihr nicht Herr. Ihr müsst Buße tun. Dann könnt Ihr Euch Euren Gegnern zuwenden, die teilweise nur aufgrund Eures Wohlwollens Macht und Stärke erhielten und nun diese gegen Euch anwenden wollen.“

 „Aber wird Hildebrand meine Buße annehmen ? Es würde ihn doch schwächen.“

„Das allerdings ist richtig. Hier werden wir mit einer List arbeiten müssen...“

 

6. Auf Veranlassung von Anno zog Heinrich IV. mit seinem Hof Anfang 1076 nach Canossa, wo sich zu der Jahreszeit Gregor VI. aufhielt. Anno war schon vor ihm in Canossa eingetroffen.  

 

Canossa war die Burg der Markgräfin Mathilde von Tuszien im Apenin. Sie war seit 1076 Witwe, zuvor mit dem Sohn ihres Stiefvaters Gottfried dem IV (genannt der Bucklige) verheiratet und dem Lager des Papstes treu ergeben. Anno begab sich in die Burg und bewarb sich als Knappe für die Markgräfin.

 

Vorgesehen war, dass Heinrich IV. am 25. Januar im Büßergewand vor der Burg eintrifft und um Audienz bei Papst Gregor VII. ersucht. Anno nutzte die Zeit um festzustellen, wie er den bereits seit seiner Ankunft anwesenden Papst eventuell dazu gewinnen könnte, die Buße von Heinrich IV. anzunehmen. Aber Gregor VII. verhielt sich gegenüber Anno stets völlig abweisend. Er hatte auch sonst keinen oder kaum Kontakt zu dem Hofleuten der Markgräfin, stützte sich nur auf seine päpstliche Bediensteten. Allerdings entging ihm nicht, wie Papst Gregor VII. die Markgräfin regelrecht umgarnte.

 

Am 25. Januar erschien Heinrich IV. in Büßergewand und trotz des Schnees barfuss um eine Audienz bei dem Papst zu erbitten. Dieser zeigte aber nicht im geringsten Neigung, Heinrich IV. zum empfangen. Er wurde nicht einmal in die Burg gelassen. Den ganzen Tag verharrte er  vergebens vor der Burg.

 

Anno wusste, dass Heinrich IV. ob dieser Abweisung Rachepläne schmiedet, aber nicht mehr den Bußgang tätigen will. Daher entschloss er sich, nachts den Trakt der Burg aufzusuchen, in dem sich die Markgräfin aufhielt. Sein Quartier befand sich nicht im Palas, sondern in der Vorburg. Er musste also versuchen, aus der Vorburg heraus in den Palas und dort zu den Kemenaten zu gelangen. Nach Einbruch der Dunkelheit ging er von der Vorburg zur Kernburg. Das Tor war noch offen; die Wache kannte ihn schon und ließ ihn durch, wohl in der irrigen Annahme, er müsse auf der Kernburg die Nacht Dienst tun. Schnell durchschritt er den Hof zum Palas. Niemand hinderte ihn am Zutritt. Aufgrund der Öffnungen im  Mauerwerk nahm er an, dass sich die Kemenate im 1 Geschoss befinden müsse. So erklomm er die Treppe dorthin. Ihm kam zu Gute, dass die Gänge nur im Bereich des Treppenhauses schwach ausgeleuchtet waren. Als er Stimmen hörte, die sich näherten, drückte er sich in die Nische einer Tür. Zwei Knappen gingen vorbei.

 

„Was sie wohl wieder treibt. Kaum ist der Mann tot.“

„Mit dem hatte sie doch nichts. Aber ich glaube nicht, dass sie jetzt den Rest der Nacht betet.“

„Ich auch nicht, Dann müssten wir nicht weg.“

 

Kaum waren die zwei Knappen weg, öffnete sich an der anderen Seite des Ganges eine Tür. Ein Mann kam heraus, und ging rüber zur Kemenate, dicht an Anno vorbei.

 

Nachdem sich die Tür zur Kemenate geschlossen hatte, ging Anno auch dorthin. Er blieb an der Tür stehen. Drinnen unterhielten sich Papst Gregor VII. und die Markgräfin. Sie machte sich lustig über Heinrich IV., der den ganzen Tag wie ein Bettler im Schnee vor dem Burgtor wartete, er lachte. Dann kicherte die Markgräfin, dann ein stöhnen. Anno schmunzelte. Es war zu eindeutig.

 

Er schlich sich heraus aus dem Palas. Am Übergang zur Vorburg wurde er von der Wache angehalten. Er gab an, dass er nur etwas zur Markgräfin hätte bringen müssen und wieder fortgeschickt worden sei. Dies war wohl überzeugend genug, denn er konnte passieren. Sein Problem bestand jetzt darin, aus der Vorburg zu kommen. Das Tor war zu, die Zugbrücke hochgefahren. Da würde er jetzt nicht mehr raus kommen. Er musste also den Tagesanbruch abwarten.

Gleich im Morgengrauen war er wieder an der Zugbrücke. Diese wurde gerade herabgelassen, damit ein Trupp heraus konnte, der für die Markgräfin Steuern eintreiben sollte. Anno gesellte sich zu ihnen und gelangte mit ihnen aus der Burg. Zügig begab er sich dann in die kleine Zeltstadt, die Heinrich IV. etwa 2 Kilometer entfernt errichtet hatte. Ohne weiteres wurde er zu Heinrich IV. vorgelassen, da die Begleitung des Königs von dem besonderen Verhältnis wusste.

 

„Na, gute Idee mit dem Bußgang. Ich bin doch kein reudiger Bettler.“

 

Wie erwartet war Heinrich IV. aufgebracht. Anno hatte Mühe, ihn etwas zur Ruhe zu bringen um selbst berichten zu können.

 

„Herr, es wird klappen. Der Papst wird die Audienz gewähren. Und er wird den Bann aufheben. Es wird ihm nichts anderes bleiben.“

 

„Und wieso sollte er ?“

 

Anno lächelte verschmitzt. Dann erzählte er sein Erlebnis der vergangenen Nacht.

 

7. In der Burg begab sich Anno direkt in den Palas. Zunächst wurde versucht, Anno den Zutritt in die Kemenate zu verweigern. Doch Anno ging einfach hinein, was dort zum einem Aufschrei der anwesenden Frauen führte. Anno erklärte kurz, dass er nur die Markgräfin sprechen wolle, kurz und alleine. Ein Kichern.

 

„Aber was fällt Euch ein. Erst hier eindringen, und dann ein solches Ansinnen an uns. Zumindest eine mitner Gesellschaftsdamen muss dabei sein. Aber weshalb sollte ich überhaupt mit einem wie Euch reden ? Besser ist es, ich lasse Euch von der palastwache in den Kerker werfen.“

„Aber Herrin, ich glaube nicht, dass es Euch genehm wäre, wenn ich mein Abentuer von heute Nacht auch der Wache erzählen würde.“

„Welches Abenteuer ?“

„Ihr dürft davon ausgehen, dass ich ein stiller Begleiter von Eurem Gast, dem Papst war.“

 

Die Markgräfin stutzte.

 

„Raus, alle raus.“

 

Die Frauen, mit Ausnahme einer älteren Frau, verließen den Raum.

 

„Ihr auch.“

 

Erschrocken blickte die ältere Frau auf, lies das in ihren Händen befindliche Garn fallen und ging.

 

„Und ?“

 

Die Frage an Anno war kurz und mit scharfen Unterton.

 

„Es gibt Verhältnisse, die manche nicht wissen sollen  -  denke ich. Deswegen werden auch Personen weggeschickt.“

„Wie jetzt.“

„Wie jetzt.“

„Und ?“

„Es gibt Geheimnisse, die sollten solche auch bleiben. Aber dafür bedarf es auch einer Leistung. Und diese Leistung habt Ihr zu erbringen. Ihr hattet auch über König Heinrich lustig gemacht. Nun sollt ihr dafür Abbitte tun. Und zwar dergestalt, dass Ihr den Papst veranlasst, nicht nur Heinrich anzuhören, sondern auch den verhängten Bann wieder aufzuheben.“

„Wie soll ich das machen ? Ich bin nur ein einfaches Weib.“

„Ich weiß. Aber Ihr habt bei dem Papst auch anderes geschafft. Bemüht Euch.“

„Aber meine Mittel sind keine Argumente und können auch nur mich betreffen.“

„Dann ratet ihm.“

„Welchen Rat ?“

„Nun, weist doch Papst Gregor darauf hin, dass die abtrünnigen deutschen Fürsten mir so lange in seiner Gefolgschaft sind, bis sie sich König Heinrich entledigt haben. Dann aber besteht doch auch für ihn  die Gefahr, dass das Zusammenspiel der Fürsten sich gegen den Klerus richten kann.“

 

Anno machte eine tiefe Verbeugung und verließ den Raum. Beide hatten nur sehr leise gesprochen, weshalb die vor der Tür wartenden Damen der Markgräfin nichts mithören konnten. Der bedeutete diesen, wieder in die Kemenate zu gehen, was sie auch unverzüglich taten. Dann beschleunigte Anno seine Schritte und beeilte sich, nicht nur den Palas, sondern die Burg zu verlassen. Gerade als er auf der Zugbrücke war, erklang ein Fanfarenton, der die Schließung bewirken sollte. Aber Anno kam noch unbehelligt raus.

 

Vor der Brücke stand Heinrich IV. barfuss und im Büßergewand. Anno blinkerte ihm kurz zu und ging weiter. 

 

Mittags wurde das Burgtor geöffnet, die Zugbrücke wurde herabgelassen. Einige Reiter galoppierten raus. Die Hoffnung von Heinrich IV., er würde nunmehr hinein begleitet, zerschlug sich allerdings sofort wieder. Die Reiter sprengten an ihn vorbei. Das Tor wurde wieder verschlossen.

 

Ritter, die König Heinrich auf den Canossa-Gang mitgenommen hatten, haben allerdings einen der Reiter abgefangen und dadurch erfahren, dass die zu den oppositionellen Fürsten entsandt wurden, ihnen mitzuteilen, sie mögen Heinrich als ihren König anerkennen.

 

Heinrich IV. musste auch noch am 28. Januar vor der Burg zubringen, ehe ihm am 29. Januar Audienz gewährt wurde. Papst Gregor VII. hob den Bann auf..

 

8. Heinrich IV. kehrte in Begleitung von Anno zurück nach Deutschland. Er war zwar wieder durch die Rücknahme des Kirchenbannes gestärkt, doch beeindruckte dies seine Gegner wenig. Sie riefen im März 1076 mit Rudolf von Rheinfelden einen ehemaligen Weggefährten und Schwager von König Heinrich IV. zum König aus. Anno riet, den Papst zum Bann gegen Rudolf von Rheinfelden aufzufordern. Doch Gregor VII. nahm weder für die eine noch für die andere Seite Partei ein. Rudolf hatte bei seiner Wahl nicht nur der Erblichkeit des Königtums entsagt, sondern auch auf Drängen des Klerus auch die freie kanonische Wahl der Bischöfe ohne weltliche Einflussnahme zugesichert. Damit hatte Papst Gregor VII. erreicht, was er wollte.

 

Entgegen dem Rat von Anno drohte nunmehr Heinrich IV. 1080 Gregor VII. neuerlich als Papst abzusetzen, was dazu führte, dass Gregor VII. wiederum den Kirchenbann gegen Heinrich VII. verhängte, in dessen Folge königstreue Kleriker den Papst für abgesetzt erklärten. In dieser Situation riet Anno dem König an, gegen seine Widersacher, und zwar nunmehr in erster Linie gegen Rudolf von Rheinfelden, zu kämpfen. Heinrich IV. folgte diesem Rat, entsprach dies doch auch seinem Naturell.

 

Es kam im Herbst 1080 zur Schlacht bei Hohenmölsen.

 

Auf Seiten von Heinrich IV. hatten sich der Markgraf von Meißen und der Herzog Vratislav von Bremen beteiligt. Rudolf von Rheinfelden wusste von dieser Hilfestellung. So entschloss er sich, den Angriff auf das Königsherr zu einem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem die Truppen des Markgrafen und des Herzogs noch nicht zu den königlichen hinzugestoßen waren. Da Heinrich IV. mit seinen Truppen hinter einem Sumpf stand, der nur an wenigen Stellen mit Pferden passierbar war, kam es zu einer längeren Reiterschlacht an diesen wenigen Übergängen.  

 

„Herr, ich will heute mitkämpfen.“

„Du bist nicht Ritter. Und Du hast das Handwerk nie gelernt.“

„Herr, ich kann mit dem Schwert umgehen. Deine Waffenmeister haben es mir beigebracht.“

 

Heinrich IV. war wenig erbaut davon, dass sein Berater Anno nun selbst mit in den Kampf  ziehen wollte. Aber er sah auch ein, dass er ihn davon nicht abhalten konnte. Denn es schien eine entscheidende Schlacht zu werden. Und die Streitmacht seines Rivalen Rudolf von Rheinfelden war größer. Er sah selbst, dass immer mehr seiner Ritter fielen. Die Übergänge schienen nicht zu halten.

 

„Gut, aber bleib bei mir.“

                                                     

Für Anno war es in der schweren Rüstung nicht nur schwierig, auf das Pferd zu gelangen (trotz Unterstützung), sondern auch, sich auf dem Pferd überhaupt zu halten. Aber erschaffte es. Er blieb dicht neben König Heinrich IV. Während sie so in den Übergang ritten, konnte sie jeweils eine Seite abwehren, waren durch den jeweils anderen auf der anderen gesichert. Dann aber kamen plötzlich drei Reiter dicht nebeneinander auf Heinrich IV. und Anno zu. Der mittlere stieß mit seiner Lanze in die Nüstern des Pferdes von Heinrich IV, welches sofort zusammenbrach. Heinrich IV. fiel mit dem Pferd zu Boden. Ein zweiter Reiter der Gruppe hob sein Schwert und wollte damit direkt auf den teilweise unter seinem Pferd liegenden Heinrich IV. stechen. Anno blieb schier die Luft weg als er sah, wie rasant sich die Hand mit dem Schwert nach unten bewegte. Mit aller Kraft schwenkte Heinrich sein Schwert aus und traf die Hand im Handgelenksbereich, wodurch diese vom Körper getrennt und mitsamt dem Schwert ohne Gefahr seitlich zu Boden fiel. Im nächsten Zug stach Anno voller Wut dem Reiter mit dem Schwert in den Unterleib.

 

Heinrich IV hatte sich zwischenzeitlich unter dem Pferd befreien können. Er gab Anno ein Zeichen, sich mit ihm zurückzuziehen. Sie mussten feststellen, dass sie eingekesselt waren, da sie von vorne von den Reitertruppen von Rudolf von Rheinfelden, vom Rücken jetzt zusätzlich von Fußmannschaften des Otto von Northeim angegriffen wurden. Heinrich gab die Schlacht auf und flüchtete vom Schlachtfeld zusammen mit Arno in Richtung der erwarteten Truppen des Herzogs Vratislav von Böhmen. Dieser nahm beide auf und ritt mit ihnen zu sich nach Böhmen.

 

Auf dem Weg dorthin wurde bekannt, dass zwar das königliche Heer aufgerieben wurde, allerdings Rudolf von Rheinbergen einen Tag nach der Schlacht, am 16. März , an dne Folgen von Verletzungen starb, die er bei dem Kampf erlitt. Ein unbekannter Ritter soll ihm die rechte hand abgeschlagen haben und dann mit einem Stich in den Unterleib die leztlich tötliche Verletzung beigebracht haben.

 

„Herr, die Schwurhand hat er verloren. Da kann ein Gottesurteil sein.“

„Anno, es war Dein Gottesurteil über ihn.“

 

Auch wenn die Schlacht zugunsten des Rudolf von Rheinbergen ausging, war letztlich aufgrund des Todes desselben Heinrich IV. der Sieger, der auch im Hinblick auf die abgehakte rechte Hand seines Gegners das Gottesurteil zu seinen Gunsten einsetzte. Mit dem Rest seiner Truppen griff er die Burgen des Rudolf von Rheinbergen an und brannte sie nieder. 1803 griff er Rom an und eroberte auch diese Stadt, wo er 1804 durch einen von ihm ernannten Papst zum Kaiser gekrönt wurde.

 

9. Die Geschichte hat Anno vergessen. Er erscheint nur noch als der unbekannte Ritter, der dem Gegenkönig die Hand abschlug und durch den Stich in den Unterleib die tötliche Verletzung beibrachte.

 

Nach der Kaiserkrönung 1804 wollte auch Heinrich IV. keinen Rat von Anno mehr annehmen, weshalb Anno den Hof verließ. Wo er hinzog ist unbekannt. Zuvor hatte er Heinrich IV. noch gewarnt, dass die Reichsfürsten stets eine Gefahr für ihn sind und er auch seinem Sohn, dem späteren Heinrich V., nicht trauen dürfe. Heinrich V. erzwang schließlich in 1806 die Abdankung seines Vaters.