Die Wiese




Langsam, aber stetig, breitet sich ein sanftes Licht über die Fläche. Das satte Grün des Grases, noch feucht von dem mittäglichen Regen, erscheint abgemildert, teilweise glitzernd in den letzten Sonnenstrahlen, die es berühren. Immer weiter versinkt die Sonne hinter den Bäumen, die die Wiese umrandeten. Bäume, teils dicht im Laub stehend, teils mit Nadeln, einige aber auch bereits abgestorben. Sie bilden die Kulisse des Grüns, eine dichte Kulisse, durch die diese letzte Strahlen der untergehenden Sonne nicht mehr durchdringen können. Eine Grille zirpt irgendwo im Gras; eine Hummel fliegt dicht über dem Gras und sucht nach offenen Blütenkelchen von Wiesenblumen.  Von irgendwo der Ruf eines Kuckucks. Zählen ? Die Anzahl der Rufe als Gleichnis der restlichen Lebensjahre ?


Am Rand der Wiese, dicht am Wald und unter Nutzung von zwei Bäumen, eine Hochsitzleiter. Knarriges, teilweise mit Moos bezogenes Holz. Ein rauschen und knacken im Wald. Schritte nähern sich. Unweit der Hochsitzleiter werden die Äste auseinander gehalten. Ein Blick gleitet suchend über die Wiese. Dann geht er weiter, bleibt am Rand der Bäume und geht zur Leiter. Noch einmal huscht sein Blick kurz über die Wiese. Dann steigt er vorsichtig die Leiter empor, zieht ein Tuch aus der Tasche und legt es auf die Bank. Nun nimmt er sein Gewehr von der Schulter, prüft und entsichert es, setzt sich dann auf das Tuch auf der Bank. Vor sich ein Stamm. Er legt das Gewehr so, dass es mit dem Rohr auf dem Stamm liegt. Die Mündung zeigt zur Wiese. 


Unbeirrt eilt unter der Hochsitzleiter ein Hase vorbei. Er bleibt unter der Leiter kurz stehen, reckt sich hoch, spitzt die Ohren. Doch dann hoppelt er weiter. 


Die letzten Sonnenstrahlen haben die Wiese verlassen. Dämmerung breitet sich aus. Am Horizont ist die Silouette des Mondes zu sehen, Vollmond. Er taucht die Wiese in ein neues Licht, fast künstliches Licht. 


Der Kuckuck hat längst aufgehört zu rufen. Irgendwo ist ein Waldkautz zu hören. Der Blick von der Leiter wandert in die Richtung, aus der der Ruf kommt. Leise kann man ein Knacken von Ästen im Unterholz hören. Das Gewehr wird in Anschlag genommen, gerichtet auf die Stelle, aus der das Tier aus dem Wald auf die Wiese heraustreten muss.


Ein Reh tritt hervor. Vorsichtig schnuppert es, bevor es gänzlich aus dem Dickicht auf die Wiese tritt. Der schmale Kopf dreht sich in Richtung zur Hochsitzleiter. 


Ein Schuss zerreißt die Stille.