Ein flüchtiger Blick

Sie kam mit dem Fahrrad auf ihn zugefahren. Er schaute sie an, eine Sekunde, oder waren es zwei ? Und dann war sie schon vorbei, wie eine sich im Dunst auflösende Fata Morgana. Was blieb war die Erinnerung an diesen Augenblick, alleingelassen mit seinen Gedanken.

 

Eine knappe enge Hose am Becken. Zwei Beine, sonnengebräunt, führten in schmaler Eleganz an Ober- und Unterschenkel nach unten zu den Pedalen und traten stark und zu einem schnellen Tempo führend trotz der Steigung hinein. Wie waren die Fesseln, was hatte sie für Schuhe - oder hatte sie gar keine Schuhe an ? Das Gesicht, jung. Es war nicht zu schmal und nicht zu rund, ein Gesicht, in das jedenfalls zu schauen eine Freude war. Und die Haare, waren sie lang oder kurz, schwarz, brünett ? Flatterten sie im Fahrtwind ? Aber sie passten. Ihr Oberkörper, wie war er doch ? Ihre Brüste, klein, groß ? Die Erinnerung war schon verflogen. Was blieb war der Eindruck, der Eindruck einer jugendhaften jungen Frau und deren Faszination.

  

Hatte er etwas in seinem Leben versäumt ? Wie waren die Jahre seiner Jugend zerronnen. Was blieb war die Erinnerung. Und manchmal der Eindruck, schon immer zu alt gewesen zu sein. Er entsann sich, er musste noch einen Umweg machen, Medikamente bei der Apotheke für seine bettlägerige Frau zu holen. Die Pflegekraft würde bald gehen. Es war nur ein flüchtiger, schon wieder verblassender Blick.