Corona – die Pest der demokratischen Ordnung und des Rechtsstaats

Corona (oder genauer: COVID 19 mit seinen diversen Varianten und Mutationen)  – gerne genutzt um Repressalien auszuüben, um seine Fürsorge um und für Andere zu zeigen, um zu schimpfen…

 

Es begann ans sich vor 2020, wurde aber erst richtig von der Öffentlichkeit in 2020 wahrgenommen. Es folgten ein Lockdown nach dem anderen und - natürlich  - Beschwerden über die angeordneten Maßnahmen sowie notwendig auch die juristische Aufbereitung. Nun, nach dem 3. Lockdown ein Aufatmen und es wird wieder (fast) so gelebt wie vor den Lockdowns: Körper an Körper in Restaurants und im Freien, dichtgedrängt wie in der „guten alten Zeit“. Und die Warnungen von Virologen im Hinblick auf die zunehmende Erkrankung mit der sogenannten Delta-Variante wird überhört, sie passt nicht ins Bild der endlich wieder erlebten Freiheit. Und die Politik bereitete hierzu wieder die Grundlagen, wie sie diese bereitet hatte, als es das öffentliche Leben und auch das private Leben der Bürger (zumindest formal) rigoros einschränkte.

 

Aber wenn wir uns die Zeit seit dem offiziellen Beginn der Corona-Pandemie Revue passieren lassen und uns die Umstände der heutigen gelebten Freiheit ansehen, kommt Bitterkeit auf, Bitterkeit über das Versagen von Politik und Rechtsstaat. Wir erlebten und erleben millionenschwere Fehlentscheidungen von Ministern (die allerdings auch ohne Corona keine Seltenheit sind), milliardenschwere Kosten (deren finanzielle Abarbeitung noch erhebliche Auswirkungen haben wird), aber auch ein umfassendes Versagen der Staatsorgane.

 

Betrachten wir uns die Lockdowns. Ein völliges Zurückfahren der wirtschaftlichen Betätigung verbunden mit erheblichen Engpässen in der Versorgung (man denke nur an den Kampf um Toilettenpapier, wobei angemerkt werden darf, dass daraus bis heute keine Lehren gezogen wurden, um die Abhängigkeit von Drittländern, so ganz vorne China, abzubauen), eine Lockerung mit der Folge eines kurze Zeit später durch steigende Inzidenzzahlen  erneuten Lockdowns, Aufweichung und wieder (radikale) Auflockerung zur jetzigen „Freiheit“. Und schon heute besteht Gewissheit, dass diese radikale Auflockerung nicht halten wird (halten kann), da insbesondere durch die Deltavariante des Virus schon jetzt ein erneutes Herunterfahren (Lockdown) als sicher eingestuft wird. Die jetzige Auflockerung wird daher teilweise damit begründet, ein längerer Lockdown mit Beschränkung der Rechte der Bürger (so zum Treffen mit Freunden pp., für Versammlungen, Theater pp.) sei nicht mehr vermittelbar. Das aber sind vordergründige Argumente. Durch die jetzige Auflockerung wird die Gefahr der Verbreitung wesentlich erhöht, auch die Schnelligkeit derselben. Bedenkt man, dass selbst Geimpfte (mit zwei Impfungen) von der Deltavariante nicht verschont werden, bedenkt man weiter, dass bisher auch nur ein Drittel der Bevölkerung geimpft ist, ferner, dass es die Politik und Verwaltung wegen eklatanter Fehlentscheidung, die auf EU-Ebene von der ohnehin nicht als befähigt anzusehenden (und deshalb auch in Deutschland als Ministerin ausgeschiedenen und „hochgelobten“) Kommissionspräsidentin der EU, Ursula von der Leyen,  eingeräumt wurde.

 

Warum also die radikale Öffnung ? Die Behauptung der Zumutbarkeit für die Bevölkerung ist nur ein Deckmantel. Richtig dürfte sein, dass die Bundestagswahlen anstehen. Keine Partei, und damit insbesondere auch nicht die Regierungsparteien in Bund und Ländern, wollen wegen fortgesetzter Einschränkungen zur Vermeidung einer Ausbreitung des Virus Stimmen verlieren. Es geht nicht um das Wohl der Bevölkerung, es geht um Wählerstimmen. Dafür wird billigend in Kauf genommen, dass sich der Virus wieder (und zwar in seiner derzeit gefährlichsten Variante in Form Delta) vermehrt verbreitet, mit der Folge, dass – nach den Wahlen – das öffentliche und private Leben wieder drastisch eingeschränkt werden muss und bis dahin eine akute Gefahr für die Bevölkerung zunimmt.

 

Die Bausteine für die Einschränkung des öffentlichen und privaten Lebens schöpfte die Politik aus dem Infektionsschutzgesetz. Und sie wurde dabei von der Rechtsprechung – einschließlich dem Bundesverfassungsgericht als Hüterin der rechtsstaatlichen Ordnung und über die Grundrechte – gestützt. Bestürzend ist dabei eine Entscheidung des VG Bremen vom 26.03.2020 – 5 V 553/20 – . Dieses anerkannte, dass die Schließung der Ladengeschäfte keine Rechtsgrundlage in dem Infektionsschutzgesetzt (in der damals geltenden Fassung) fände und auch gegen Art. 12 GG (einem Grundrecht) verstoße. Der Kernsatz lautet: „Liegen neue und in dieser Form vom Gesetzgeber nicht bedachte Bedrohungslagen vor, ist daher jedenfalls für eine Übergangszeit der Rückgriff auf die Generalklausel auch dann hinzunehmen, wenn es zu wesentlichen Grundrechtseingriffen kommt.“ Dabei hat es geflissentlich unberücksichtigt gelassen, dass einen nur vorrübergehenden, nicht gesetzlich legitimierten Eingriff in ein Grundrecht weder das Grundgesetz noch das Gesetz kennt. Unabhängig davon stellt sich auch die Frage, welcher Zeitraum mit „vorübergehend“ gemeint sein soll. Immerhin hat es doch die Legislative sogar in der Coronakrise fertig gebracht, Gesetze innerhalb von zwei Tagen durch Bundestag und Bundesrat beschließen zu lassen. Wäre es also nicht ohne weiteres möglich gewesen, hier in § 28 IfSG eine entsprechende zusätzliche Regelung aufzunehmen, die den Eingriff in die Berufsausübung qua Schließung von Gewerbebetrieben betrifft ?  Sicherlich wäre dies möglich gewesen. Zudem verkannte das VG, dass Art. 19 Abs. 1 GG bestimmt, dass die Grundrechtsnorm benannt werden muss, in die durch das Gesetz eingegriffen werden soll.   In § 28 Abs. 1 S. 3 IfSG werden aber als Eingriffe in Grundrechte nur die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG), die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) benannt.  Die Einschränkung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, die hier gegenständlich ist, wurde nicht benannt. Damit lässt sich keinesfalls aus § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG, wie das VG meinte, ableiten, dass alle Maßnahmen der Gefahrenabwehr möglich seien, jedenfalls durch einen gesetzgeberischen Willen getragen seien und/oder auf Zeit möglich seien. Da zwingend bei einem Eingriff in ein Grundrecht in dem Gesetz, in dem in das Grundrecht eingegriffen wird, darauf zu verweisen ist, lässt sich mithin die Allgemeinverfügung aus den Erwägungen des VG heraus nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht halten. Und das Bundesverfassungsgericht ? Es hatte nur in Eilverfahren zu entscheiden (Hauptsacheverfahren dauern bei diesem ohnehin regelmäßig mehrere Jahre), und hat in Ansehung der vorliegenden Verfahren und er Güterabwägung wegen einer angeblichen Offenheit der Entscheidung die Eilanträge von Betroffenen abgelehnt. Das Bundesverfassungsgericht selbst hatte also hier auch die zwingende Norm des Grundgesetzes, Art. 19 Abs. 1 GG, missachtet.

 

Die Rechtsprechung hat mithin versagt, bis hin zu dem Gericht, welches Hüterin der Verfassung sein sollte.

 

Die Politik hätte es in der Hand gehabt, durch eine schnelle Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine rechtsstaatliche Basis für ihre Maßnahmen zu schaffen. Gleichwohl hat sie verfassungswidrig, gestützt von den Gerichten, ihre Maßnahmen durchgesetzt. Sie nutzte das Infektionsschutzgesetzt unzulässig als Ermächtigungsgesetz, und hat zudem auch das Parlament ausgeschaltet, indem nur per Absprache zwischen Bundesregierung und Landesregierungen die Maßnahmen durchgesetzt wurden. Die Väter des Grundgesetzes wollten eine Ausschaltung demokratischer Regeln, wie sie nach der Machtübernahme Hitlers in Deutschland stattfand, für die Zukunft ausschließen. Die Vorgänge im Frühjahr 2020 haben gezeigt, dass ihnen dies faktisch nicht gelungen ist, da Politik und Gerichte, einschließlich den Verfassungsrichten der Länder und des Bundes, die rechtsstaatliche Grundordnung aufgehoben haben.

 

 

Eine Änderungen des Infektionsschutzgesetzes in dem heutigen § 32 nennt weiterhin nicht die Einschränkung des Grundrechts aus Art 12 GG (freie Berufsausübung). Es mag, worauf das VG Bremen abstellte, in der Sache gerechtfertigt gewesen sein, das öffentliche und private Leben in Ansehung der pestartig sich verbreitenden Pandemie einzudämmen. Die Art und Weise war allerdings nicht zu rechtfertigen, zumal eine vorherige Änderung der Rechtsgrundlage möglich gewesen wäre. Dass nunmehr das Infektionsschutzgesetz teilweise als Ermächtigungsgesetz in Anspielung auf die Ermächtigungsgesetze seit 1914 (die keine Grundlage in der jeweiligen Verfassung hatten) und deren Höhepunkt mit dem Gesetz der Behebung der Not von Volk und Reich (am 23.03.1933 vom Deutschen Reichstag beschlossen) erreicht wurde, verabschiedet mit der Stimmen der damaligen Regierungskoalition, der die NSDAP angehörte.